Sonntag, 19. September 2010

Interview mit Sebastian Paul

John von Heiden (JvH): Herr Sebastian Paul, sind Ihrer Meinung nach Immobilienzyk-len verantwortlich für das Entstehen von Not leidenden Immobilienkrediten? Sebastian Paul (SP): Diese Frage ist aus zwei Perspektiven zu beantworten. Im juristischen Sinne spielen Immobilenzyklen überhaupt keine Rolle. Vielmehr ist in diesem Zusammenhang die reine Zyklizität zu nennen, die die Entstehung von Problemkrediten verursacht. In Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs besteht ein großer Bedarf an Fremdkapital. Wenn Kredite dann Not leidend werden, liegt das an der Bonität der Schuldner. Denn wenn der erwartete Return on Investment an wirtschaftliche Annahmen geknüpft ist, diese jedoch nicht eintreten, können Kredite schnell Not leidend werden. Dies begründet unter anderem die Relevanz von Fallback-Positionen, welche im Vorfeld antizipiert werden müssen.  Die nicht juristische Sichtweise bezieht Immobilienzyklen in Form von wirtschaftlichen Interdependenzen sicherlich in die Entstehung mit ein, spielen aber in den gesamtwirt-schaftlichen Entwicklungen eine untergeordnete Rolle. Vielmehr sind internes Mismanagement, zu optimistische Prognosen mit entsprechend knapper Finanzierung und der Abfall der Wirtschaftsproduktivität die Ursachen der Entstehung von NPLs. Gleichzeitig sind im Gewerbebereich viele Immobilien durch Insolvenzen in faule Kredite als Sicherheit verwickelt, was aus der allgemeinen wirtschaftlichen Tätigkeit herrührt. Die Verantwortung liegt auf Seiten der Banken in deren Bewertungsrichtlinien für die Vergabe der Kredite. In wirtschaftlich positiven Zeiten geht es Banken gut, was sich auf Qualität und Quantität der Vergabe auswirkt. Dementsprechend verringern Banken ihre Vergabe, wenn schlechtere Zeiten aufkommen. Basel II knüpft an dieser Stelle an und fordert die intensive Bewertung der Bonität der Kredite und Kreditnehmer ohne Rücksicht auf den aktuellen Wirtschaftsverlauf.  JvH: Wie würden Sie demnach die Auswirkungen von Immobilienzyklen auf Not leidende Immobilienkredite darstellen? SP: Dies muss bzw. sollte empirisch untersucht werden. Die Problematik ist jedoch die Belegbarkeit der Aussage. Zwar zeigte sich bei vielen Transaktionen eine gleichmäßige Bewegung der Downward-Märkte innerhalb der NPL-Transaktionen bei Ashurst, doch ist einerseits die Datenlage auf Grund der Neuwertigkeit des Transakti-onstypus auf dem deutschen Markt nicht ausreichend. Andererseits lassen sich internationale Vergleiche wie bspw. zwischen den USA, Frankreich, Italien oder Japan nicht wirklich ziehen. Trotzdem wurde sich auch in diesen Märkten viel auf die Relevanz von Immobilienzyklen für die Entstehung der Problemkredite gestützt. JvH: Würden Sie zustimmen, dass Not leidende Immobilienkredite vermehrt in den abschwingenden Phasen des Immobilienzyklus entstehen?
SP: Die Aussage ist absolut zutreffend. Bei einer Betrachtung der Immobilie als das unbewegliche Gut ist in diesem Zusammenhang ebenfalls die Langwierigkeit der Prozesse in genau diesen abschwingenden Phasen erkennbar. Prozesse sind zäh und andauernd, was von dem langwierigen Entstehungsprozess einer Immobilie herzuführen ist. In diesem Sinne gestalten sich ebenso bankinterne Prozesse wie die Finanzierung als zäh. Basierend auf diesen trägen Strukturen ist ein Warnmechanismus von dringender Wichtigkeit, der Banken Grund zur Vorsicht signalisieren sollte, um sich in der ohnehin verschlechternden Marktlage nicht noch schlechter zu positionieren.  JvH: Warum kaufen Investoren wann im Immobilienzyklus? SP: Hierzu ist zu sagen, dass NPLs jederzeit gekauft werden. Als sich der Markt begann zu formen, existierte nur eine geringe Anzahl an Akteuren, die sich auf dem Markt umgesehen haben. Außer dem amerikanischen Investor Lone Star war lange kein anderer Teilnehmer aktiv und erfolgreich. Dies begründet sich aus den erfolgreichen Bieterverfahren, die Lone Star für sich entscheiden konnte. Wenn Unternehmen in diesem Prozess häufig unterliegen, laufen immense Due Diligence Kosten auf, die keine positiven Ergebnisse nach sich ziehen. Als Ergebnis stellen sich diese Mitbieter selbstverständlich die Frage, ob eine weitere Marktsondierung sinnvoll ist. Ist dies nicht der Fall, wird sich der Markt auf ein bis zwei Player konsolidieren. In Deutschland ist dies nicht der Fall gewesen. Der Markt ist in Bewegung und wird dies auch für die nächsten 24 Monate sein, in denen die Prognose und Beratung immer zu Käufen raten wird. Denn das Geschäft mit NPLs wird sich weiter automatisieren. Internationale Investoren treten auf den Markt, kaufen, restrukturieren und veräußern kurzum wieder. Die Margen sind wichtig und diese lassen sich am besten durch eine kürzestmögliche Haltedauer maximieren. So spielen ein Debt-to-Eqity Swap ebenso eine Rolle wie die reine Forderungsveräußerung auf einem Sekundärmarkt. Für die Gruppe der Investmentbanken gilt die Regel, dass jegliche liquidierbare Assets gehandelt werden können. Die Deutsche Bank bspw. handelt schon mit NPLs.

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